Regionale Fachtagung am 16. Mai in Leipzig
Dokumentation
Gesunde Lebenswelten schaffen für alle Zielgruppen älterer Menschen
Regionale Fachtagung in Leipzig am 16. Mai 2023
Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. hat im Rahmen ihres Projektes „Im Alter IN FORM“ Verantwortliche und Akteure in der Seniorenarbeit zu einer Fachtagung zum Thema „Gesunde Lebenswelten schaffen für alle Zielgruppen älterer Menschen“ eingeladen. Das BAGSO-Projekt unterstützt die Zielsetzungen von „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.
Die Fachtagung fand am 16. Mai im Mediencampus Villa Ida in Leipzig statt.
Dr. Regina Görner, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. begrüßt alle Tagungsteilnehmenden, besonders die Parlamentarische Staatssekretärin Claudia Müller, und freut sich, dass es trotz der Bahnstreikauswirkungen so viele zu der Tagung geschafft haben.
Sie zeigt sich schockiert, dass viele Menschen immer noch auf Stereotype hereinfallen und die Vielfalt älterer Menschen nicht beachtet wird. Der Ausspruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ zeugt von einem falschen Altersbild, dass sich leider manifestiert hat. Heute weiß man, dass diese Aussage nicht stimmt. Lange hat man auch das lebenslange Lernen nur auf das berufliche Lernen bezogen. Doch heute verbringt man ¼ bis 1/3 seiner Lebenszeit in Rente, und das Alter ist überwiegend eine aktive Zeit. Die Zwänge von Beruf und Familie sind abgelegt. Diese Zeit darf man nicht verkommen lassen. Essen und Trinken gehört zu den sozialen Elementen. Man kann dadurch die nachbarschaftlichen Bezüge stärken. Es werden riesige Programme gegen Einsamkeit aufgelegt. Aber man müsste nur Netzwerke aufbauen, wie dies z.B. im Rahmen der Etablierung von Nachbarschaftstischen passiert. Dafür sind kommunale Bezüge sehr wichtig und die Unterstützung von kommunalen Mitarbeitenden.
In diesem Sinne wünscht Sie den Tagungsteilnehmenden viele gute und neue Erkenntnisse.
Claudia Müller, Parlamentarische Staatssekretärin, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, MdB.
Zunächst überbringt Frau Müller herzliche Grüße von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Als Beispiel für den demografischen Wandel führt Frau Müller das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit der drittältesten Bevölkerung Deutschlands und einem positiven Wanderungssaldo der Menschen 60 + an. In dieser ländlichen Region seien 38 % der Bevölkerung 60 Jahre und älter, was entsprechende Anpassungen in der Infrastruktur mit sich bringe.
Heute sei das Ernährungsangebot so groß wie nie und werde immer vielfältiger. Auch das Ernährungsverhalten werde immer individualisierter. So falle heute z.B. oft das Frühstück ganz aus, und man bediene sich immer mehr der Gemeinschaftsverpflegung. Wenn aber allein Zuhause gegessen werde, was bei älteren Menschen häufig der Fall sei, bliebe die Gemeinschaftserfahrung beim Essen aus. Diese Veränderungen habe die Generation 60 + in ihrem Leben mitgemacht.
Es gebe einen nicht unerheblichen Teil älterer Menschen, die häufig keinen Zugang zu einem ausgewogenen gesunden Essen haben; dies seien armutsgefährdete oder ältere Menschen mit Migrationshintergrund. Besonders hier stelle sich die Frage, wie wir diese Zielgruppen älterer Menschen erreichen. Hier böte die Gemeinschaftsverpflegung, z.B. in Stationären Pflegeeinrichtungen, eine gute Grundlage. Doch einen Großteil der Älteren, die im eigenen Haushalt leben, erreiche man so nicht. Es sei eine Frage des Respektes und der Wertschätzung gegenüber der älteren Generation auch den genannten Zielgruppen einen Zugang zu einem guten und ausgewogenen Essen zu bieten. In Kommunen werden oftmals neue Wege beschritten und dafür Mittags- oder Nachbarschaftstische angeboten.
Frau Müller bedankt sich bei der BAGSO für die Hilfe bei der Ausarbeitung der Ernährungsstrategie und hebt die Bedeutung der vom BMEL mitfinanzierten Vernetzungsstellen für Seniorenernährung in inzwischen 12 Bundesländern hervor. Diese haben die Aufgabe eine nachhaltige Ernährung auf die Teller zu bringen und zielgenau das Essen in der Gemeinschaftsverpflegung, z.B. in stationären Pflegeeinrichtungen, zu verbessern. Angebote genussvoll zu essen und sich zu bewegen unterstütze das BMEL ebenfalls. Insbesondere auch in ländlichen Regionen fördere das BMEL verschiedenartige Projekte.
Aber auch die Chancen der Digitalisierung müssten genutzt werden. Wichtig sei, dass die Kommune die Fitness im Alter im Rahmen der Daseinsvorsorge erkenne und entsprechende Mobilitätsangebote – gerade in ländlichen Räumen – mache. Das BMEL fördere dazu den Ausbau von Mehrfunktionshäusern.
Die Corona Pandemie habe das Thema Einsamkeit noch einmal verstärkt. Projekte zur sozialen Teilhabe insbesondere auch in ländlichen Räumen seien Inhalte der Einsamkeitsstrategie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Dr. Ralf Sultzer, Ärztlicher Direktor des Zentrums für Altersmedizin der Sana Kliniken Leipziger Land mit geriatrischem Netzwerk GeriNah
Den Vortrag finden Sie hier
Hilke Hempelmann von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Sektion Thüringen, Vernetzungsstelle Seniorenernährung. In Vertretung von Theresa Stachelscheid. Informationen dazu finden Sie hier.
Dr. Gudrun Paul vom Deutschen Turnerbund hielt einen Vortrag zum Thema "Körperliches und geistiges Wohlbefinden im Alter durch Bewegung stärken". Den Vortrag finden Sie hier
In den Arbeitsgruppen wurde intensiv diskutiert und verschiedene Themen detaillierter erörtert.
- Strukturen für gesundheitsförderliche Angebote auf kommunaler Ebene schaffen AG1
- Zugangswege zu älteren Menschen mit besonderen Bedarfen finden AG 2
- Mit Mittags- und Nachbarschaftstischangeboten Geselligkeit und vollwertige Mahlzeiten erleben AG 3
- Fit im Alltag - Bewegungsangebote für besondere Zielgruppen gestalten AG 4
Die Zusammenfassungen finden Sie hier:
So gelingt Gesundheitsförderung im Alter vor Ort: Vorstellung von Praxisbeispielen
1) Ernährung in Pflegeeinrichtungen - Beratung und Begleitung von vollstationären Pflegeeinrichtungen zur ausgewogenen Ernährung der Bewohner*innen
Anja Schindhelm, Projektkoordinatorin Parikom gGmbH
Bei einer ‚Ist-Stand-Erhebung zur ausgewogenen Ernährung in vollstationären Einrichtungen in Sachsen‘, die 2021 von der parikom gGmbH in Kooperation mit dem Paritätischen Sachsen erhoben wurde deutlich, dass Ernährung in den Pflegeeinrichtungen bereits eine wichtige Rolle spielt. Optimierungsbedarf zeigte sich jedoch sowohl in den Kommunikationsstrukturen innerhalb des Verpflegungsmanagements als auch beim Speisenangebot. Daher wurde ein neues Projekt ins Leben gerufen, um die Essqualität zu verbessern.
Weitere Informationen: https://parikom.de/ernaehrung-in-pflegeeinrichtunge/
2) Begegnungsstätte Striesen-Pentacon Dresden
Marion Beyer, Projektkoordinatorin
Die Begegnungsstätte betreibt einen Mittagstisch, der grundsätzlich allen Interessierten offensteht. Hauptsächlich wird er aber von SeniorInnen genutzt. Es werden jeden Mittag mit einem Team von 3 Personen 200 Mahlzeiten frisch gekocht. Auch Essen auf Rädern wird angeboten. Es stehen drei Menüs zur Auswahl, die zwischen 4,50 und 6,00 Euro kosten. Fast täglich ist ein vegetarisches Gericht dabei. Darüber hinaus wird insbesondere älteren Menschen ein umfassendes Angebot an Bewegungsmöglichkeiten und sozialem Miteinander geboten, die alle kostenfrei zu nutzen sind. Die Begegnungsstätte wird von verschiedenen Mitarbeitenden unterstützt, die über AGH-Maßnahmen (Förderung von Langzeitarbeitslosen) finanziert werden.
https://www.striesen-pentacon.de/begegnungsstaette/
3) Leipziger Hausbesuch
Carmen Kluge, Stadt Leipzig
Eine selbstbestimmte Lebensführung in der vertrauten Wohnumgebung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, wünschen sich viele ältere Menschen. Die Stadt Leipzig informiert und berät deshalb mit einem Leipziger Hausbesuch über Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten im Alter. Der Leipziger Hausbesuch ist ein freiwilliges und kostenloses Angebot
https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/seniorinnen-und-senioren/leipziger-hausbesuche
4) move Global
Abdoul Yacoubou, Linh Koschmider
Mit dem Projekt „Fit, gesund und munter im Alter“ setzt sich moveGLOBAL innerhalb der GeniAl Aktivitäten speziell für ältere Menschen mit Einwanderungsgeschichte ein. Durch das Teilprojekt „Fit, gesund und munter im Alter“ soll die Gesundheits- und Bewegungskompetenz der älteren Menschen mit Einwanderungsgeschichte durch verschiedene Maßnahmen der Wissensvermittlung zu gesundheitlichen Themen erweitert werden. Um diese Ziele zu erreichen, wird ein Angebotsmix aus unterschiedlichen gesundheitsbezogenen Aktivitäten wie Bewegung, Ernährung, Beratung und Bildungsangebote angeboten.
http://moveglobal.de/fit-gesund-und-munter-im-alter-genial-neu/
Die Fachtagungen der BAGSO sind Teil des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projektes „Im Alter IN FORM – Wohlbefinden älterer Menschen mit besonderen Bedarfen fördern “.