Bewegung

Im Alter aktiv bleiben

Der menschliche Körper braucht Bewegung. Regelmäßige Bewegung ist gesundheitsfördernd und hat viele positive Effekte auf Körper und Geist. Körperliche Aktivität erhält und verbessert die Leistungsfaktoren Kraft, Beweglichkeit, Koordination und Ausdauer, die essentiell  sind  für die selbstständige Bewältigung der Alltagsaufgaben. Ältere Menschen können durch regelmäßige Bewegungsübungen ihre Leistungsfähigkeit steigern. Bewegungstraining ist zudem unerlässlich, um das mit zunehmendem Alter erhöhte Sturzrisiko zu vermindern.

Schon die Ärzte und Ärztinnen der Antike betrachteten die Bewegung als eine „Säule der Gesundheit“. Hippokrates erkannte bereits um 300 vor Christus die Bewegungstherapie neben Lebensumstellung und Diät als wirksam in der Prävention von Erkrankungen. Jüngste Forschungsergebnisse bestätigen diesen Effekt: Bewegung wirkt in jedem Alter gesundheitsfördernd und trägt dazu bei, viele der im Alter vermehrt auftretenden Erkrankungen zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern. Man geht davon aus, dass Bewegung und Sport einen schützenden Effekt auf Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Metabolisches Syndrom und Diabetes mellitus sowie degenerative Erkrankungen bis hin zu Tumoren besitzen. Gleichzeitig haben körperliche Aktivität und der Ausbau motorischer Fähigkeiten positive Effekte auf die Funktion des menschlichen Gehirns. Aber Bewegung kann noch mehr: Körperliche Fitness unterstützt die Mobilität des Menschen und somit auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Auszug aus dem Vorwort zu den „Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“ (BZgA, 2016)

Welche Art von Bewegung ist von Bedeutung?

Für die Alltagsbewältigung sind vier Kernkompetenzen (in der Reihenfolge ihrer Bedeutung für die Sturzprävention) sehr wichtig:

1. Muskelkraft
2. Koordination, besonders Standfestigkeit und Balance
3. Beweglichkeit
4. Gehfähigkeit und Ausdauer

1. Bedeutung der Muskelkraft

Beinmuskeln

  • um stabil zu stehen,
  • gehen zu können,
  • Treppen herauf- und herunter zu steigen.


Arm- und Schultermuskulatur

  • um etwas tragen zu können,
  • etwas aufzuheben, zu ziehen oder zu schieben.


Rücken- und Bauchmuskulatur

  • um aufrecht zu sitzen und zu stehen,
  • stabil zu stehen,
  • gehen zu können,
  • Treppen zu steigen.

2. Bedeutung der Koordination, Standfestigkeit und Balance

  • Die Koordination umfasst die komplexe Zusammenarbeit von zentralem Nervensystem und Muskulatur. Sie ist notwendig für einen zielgerichteten Bewegungsablauf.
  • Je koordinierter eine Bewegung ist, desto präziser, ökonomischer und sicherer wird sie ausgeführt.
  • Koordination ermöglicht es, den Bewegungsablauf in überraschenden Situationen besser zu meistern.
  • Gute Koordination verbessert die Leistungsfähigkeit des Gehirns und ermöglicht Mehrfachhandlungen.
  • Vor allem Bewegungen in steigender Komplexität sind wichtig.

3. Bedeutung der Beweglichkeit

Jede Handlung braucht ein bestimmtes Maß an Beweglichkeit, um...

  • den Kopf drehen zu können,
  • Kleider oder Pullover anziehen zu können,
  • sich bücken und etwas vom Boden aufheben zu können,
  • Reißverschlüsse und Knöpfe zu schließen,
  • sich waschen zu können,
  • das Zimmer sauber halten zu können,
  • die für den Alltag nötige Fingerfertigkeit erhalten zu können.

4. Bedeutung der Gehfähigkeit und Ausdauer

Gehfähigkeit ist in allen Wohnsituationen immens wichtig, auch für Heimbewohner und Heimbewohnerinnen, um…

  • sich selbstbestimmt bewegen zu können,
  • beim Gehen nicht zu schwanken,
  • sich beim Gehen sicher zu fühlen,
  • Hindernissen problemlos ausweichen zu können,
  • kleinere Spaziergänge zu unternehmen.


Ausdauer ist wichtig, um...

  • Kurzatmigkeit zu vermeiden,
  • die Durchblutung des Gehirns anzuregen.
  • Ausdauertraining ist auch Gehirnleistungstraining.
  • Ausdauertraining hat positiven Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System, die Lunge und den Stoffwechsel.

Für die Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit sollten insbesondere ältere Menschen regelmäßige Bewegung in ihren Alltag integrieren und alle vier Kernkompetenzen gezielt trainieren.

Wieviel Bewegung ist sinnvoll?

Die „Globale Strategie für Ernährung, Bewegung und Gesundheit“ der Weltgesundheitsorganisation enthält die Empfehlung: Alle Menschen sollten sich während ihres ganzen Lebens bis ins hohe Alter entsprechend ihrer körperlichen Fitness und Leistungsfähigkeit bewegen. Um den unterschiedlichen gesundheitlichen Anforderungen gerecht zu werden, sind verschiedene Arten von Bewegung erforderlich. Um das Risiko von kardiovaskulären Erkrankungen und Diabetes, Darmkrebs und Brustkrebs zu reduzieren, sollte im Durchschnitt über 30 Minuten ein moderates bis intensives Bewegungsprogramm durchgeführt werden. Das Training von Muskelkraft und Balance kann das Risiko für Stürze reduzieren und die körperliche Fitness von älteren Menschen verbessern. Mehr Bewegung kann erforderlich sein, um das Gewicht zu halten oder reduzieren. (Vgl. WHO, 2004, sowie WHO, 2006)

Wie sollte ein Bewegungsprogramm aussehen?

Es gibt vielfältige Anleitungen, welche Art von Bewegung in den verschiedenen Altersstufen bzw. Fitnessstufen zum speziellen Training der Kernkompetenzen und zur Förderung der Gesundheit sinnvoll sind. Der Deutsche Turnerbund hat dazu zahlreiche Broschüren veröffentlicht.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat „Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung" entwickelt. Sie richten sich an Verantwortliche in der Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Ebenso sind die Richtlinien für die Trägerschaften der Gesundheitsförderung eine wertvolle Anregung bei der Entwicklung von Bewegungsangeboten. Die Publikation enthält neben Bewegungsempfehlungen für ältere Menschen auch Empfehlungen speziell für Menschen mit Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck etc.

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung, Sonderheft 03. Köln: BZgA, 2016.

Eine besondere Herausforderung: Sturzprävention

Mit zunehmendem Lebensalter steigt bei älteren Menschen das Risiko von Stürzen. Häufig sind Stürze das Resultat mehrerer gleichzeitig auftretender Risikofaktoren.

Stürze haben schlimme Folgen: Jährlich erleiden über 120.000 ältere Menschen einen Oberschenkelhalsbruch. Mehr als die Hälfte von ihnen sind nach dem Bruch in ihrer Beweglichkeit erheblich eingeschränkt, 20 Prozent werden sogar ständig pflegebedürftig. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen sind eindeutig: Während vor einem Bruch drei Viertel der untersuchten älteren Menschen noch selbständig und ohne Hilfsmittel gehen konnten, waren es nach dem Bruch lediglich noch 15 Prozent. Bis zu zehn Prozent der betroffenen älteren Menschen versterben innerhalb eines Jahres an den Folgen eines solchen Bruchs.

Die Häufigkeit von Stürzen

  • Die Häufigkeit von Stürzen liegt bei insgesamt 4 bis 5 Millionen Stürzen pro Jahr in Deutschland.
  • Ein Drittel aller Menschen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal im Jahr.
  • Das Sturzrisiko steigt mit zunehmendem Alter.
  • In der Altersgruppe 80 bis 89 Jahre stürzen über 40 Prozent mindestens einmal im Jahr
  • In der Altersgruppe 90 bis 99 Jahre stürzen über 50 Prozent mindestens einmal im Jahr.

Die psychischen Folgen eines Sturzes

Wer einmal gestürzt ist, hat Angst, wieder zu fallen! Psychische Folgen eines Sturzes sind: Unsicherheit, Rückzug, weniger Bewegung, sinkendes Selbstvertrauen. Es beginnt ein Teufelskreis, der kaum noch zu stoppen ist: Wer sich weniger bewegt, weil er Angst vor einem erneuten Sturz hat, verliert mehr an Muskelkraft und Balance. Das Risiko, erneut zu fallen, steigt. Weitere Folgen sind: Angst, Depression, Rückzug, Vereinsamung.

Risikofaktoren für Stürze

Stürze sind selten auf nur eine Ursache zurückzuführen. In den häufigsten Fällen spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Die wichtigsten Risikofaktoren* (sortiert nach Einflussgröße) sind:

  • Muskeldefizite
  • Sturzbiografie
  • Gangstörungen
  • Gleichgewichtsschwächen
  • Gebrauch von Gehhilfen
  • Seheinschränkungen
  • Arthritis
  • Eingeschränkte Aktivitäten der täglichen Lebens
  • Depression
  • Kognitive Einschränkungen, Angst
  • Medikamente
  • Schwindel, Blutdruckschwankungen
  • Nächtlicher Harndrang, Schlafmangel
  • Stolperfallen, Schlechte Beleuchtung
  • Übertriebene Fürsorge

* Quelle: Leitlinien zur Sturzprävention der Amerikanischen Geriatrischen Gesellschaft

Liegen vier oder mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vor, steigt die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Sturz auf bis zu 80 Prozent.

Durch ein gezieltes Training zur Sturzprophylaxe sowie ein regelmäßiges Bewegungstraining aller vier Kernkompetenzen – Muskelkraft, Balance, Beweglichkeit und Ausdauer – kann das Risiko zu stürzen deutlich reduziert werden.

IN FORM MitMachBox Bewegung

Die IN FORM MitMachBox richtet sich an Akteure, die mit Seniorengruppen Bewegungseinheiten durchführen möchten. Der Ordner „Bewegen“ beinhaltet 52 Anleitungen zur Stärkung der Bewegungskompetenzen bei älteren Menschen.
Weitere Informationen

Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg): Dokumentation Bundeswettbewerb „Gesund älter werden in der Kommune – bewegt und mobil“, 2016.

Die Dokumentation stellt Wettbewerbsbeiträge vor, die zum Nachahmen animieren. Die Projekte zeigen Möglichkeiten und Ideen auf, wie konkret vor Ort etwas für die Stärkung von körperlicher Aktivität und Mobilität älterer Menschen getan werden kann.

Weitere Informationen und Download der Dokumentation auf der Website der BZgA

Gesund älter werden in der Kommune

Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg): Dokumentation Bundeswettbewerb „Gesund älter werden in der Kommune – bewegt und mobil“, 2016.

Die Dokumentation stellt Wettbewerbsbeiträge vor, die zum Nachahmen animieren. Die Projekte zeigen Möglichkeiten und Ideen auf, wie konkret vor Ort etwas für die Stärkung von körperlicher Aktivität und Mobilität älterer Menschen getan werden kann.

Weitere Informationen und Download der Dokumentation auf der Website der BZgA

Handlungsleitfaden Bewegung

Deutscher Turner-Bund: Im Alter AUF (Aktiv und Fit) Leben. Bewegungsförderung in der Kommune – einHandlungsleitfaden. Frankfurt am Main: DTB, 2015.

Der Handlungsleitfaden beschreibt, wie Bewegungsangebote für inaktive hochaltrige Menschen und Personen mit Demenz nachhaltig vor Ort eingeführt werden können. Er kann beim Deutschen Turner-Bund kostenlos bestellt werden.

Download auf der Website des DTB

Aktives Leben mit 66+

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.): 66 Tipps für ein genussvolles und aktives Leben mit 66+. Berlin: BMEL, 3. Auflage, 2017.

Der IN FORM-Ratgeber 66 Tipps für ein genussvolles und aktives Leben mit 66+ für Seniorinnen und Senioren beinhaltet Ideen, Rezepte und Anleitungen für eine ausgewogene Ernährung und mehr Bewegung im Alltag von älteren Menschen. Die Broschüre kann kostenlos auf der Website von IN FORM bestellt werden.

Weitere Informationen und Download der Broschüre

Aktiv gegen Stürze

Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (Hrsg.): Fit im Alltag und aktiv gegen Stürze. Bewegung zur Erhaltung der Selbstständigkeit. Bonn: BAGSO, 2014.

Die IN FORM-Broschüre beschreibt einfache Bewegungsübungen in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zur Erhaltung der Selbstständigkeit. Auf dem zugehörigen Bewegungsplan können ältere Menschen ihr persönliches, wöchentliches Bewegungspensum eintragen und ihre Fortschritte selbst kontrollieren.

Weitere Informationen und Download der Broschüre  

Bewegungsplan „Fit im Alltag und aktiv gegen Stürze“ 

IN FORM – Bewegung als Schlüssel für gesundes Altern
Website

Deutscher Olympischer Sportbund: Sport der Älteren
Website

World Health Organization: Global Strategy on Diet, Physical Activity and Health. WHO, 2004.
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World Health Organization: Physical activity and health in Europe: evidence for action. Edited by: Nick Cavill, Sonja Kahlmeier and Francesca Racioppi. WHO Regional Office for Europe, 2006.
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